Wissensdrang - Der Uroletter von APOGEPHA
RECHTLICHES
Eine Binsenweisheit: Einhaltung der Leitlinie und das „know how“ führen zum Erfolg!
Der Fall fängt einfach an und wird zur Katastrophe: ein 68-Jähriger erleidet eine massive rektale Blutung nach einer 12-fach Prostatastanzbiopsie. Konservative Maßnahmen reichen nicht aus – nach 3 Tagen wird chirurgisch interveniert: transanal kann die Blutung nicht behoben werden – es wird konvertiert „nach Sicherstellung der Blutstillung ist die Anlage eines Descendostomas erforderlich“. Im Arztbrief wird eine „Kontinuitätswiederherstellung in einem ½ Jahr“ empfohlen.
Gutachterlich wird immer die Indikation zu dem Eingriff bewertet – also hier: War die Prostatabiopsie indiziert? Was sagt die Leitlinie dazu: „Im Rahmen der Früherkennung soll eine Prostatabiopsie bei Vorliegen von mindestens einem der folgenden Kriterien empfohlen werden: kontrollierter PSA-Wert von ≥ 4 ng/ml bei der erstmaligen Früherkennungskonsultation unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren“.
Der PSA-Wert Verlauf bei dem Patienten:

- 36 Monate vor Biopsie: 4,2
- 32 Monate vor Biopsie: 4
- 26 Monate vor Biopsie: 3,3
- vor Biopsie nur ein Wert: 5,8 bei unauffälligen rektalen Tastbefund.

Ergo: Leitlinie nicht eingehalten!
Ein weiterer Punkt bei der Begutachtung ist die Frage, ob der Eingriff „lege artis“ durchgeführt wurde? Die pathohistologische Aufarbeitung ergab, dass in nur 7 der 12 Prostatabiopsiezylinder Prostatagewebe vorhanden war! Im Grundkurs der UROSONOGRAPHIE des Arbeitskreises „Bildgebende Systeme“ der DGU lehren wir, dass die Biopsienadel nach Einstich zur Prostata nicht mehr axial korrigiert werden darf, da es zur Verletzung des Rektums kommen kann – hier hat sicher ein Kollege die Prostatabiopsie ausgeführt, der wenig Erfahrung hatte – war aber auch ein Erfahrener zugegen, der ihn angeleitet hat?

Schließlich rückt gutachterlich immer die Frage der Aufklärung in den Fokus. Wurde hier richtig aufgeklärt? Der Patient hat zu Protokoll gegeben: „hätte ich diesen Verlauf geahnt, hätte ich niemals der Probenentnahme zugestimmt“.
Also: Was muss aufgeklärt werden? Auch seltene Komplikationen? …alle?

Chancen
eingriffsspezifische Risiken
Behandlungsziel
Nutzen für den Patienten
Alternativen


„wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese einem medizinischen Laien nicht aufgrund von Allgemeinwissen bekannt sind“1



Rechtsprechung: „kann über sehr seltene Risiken aufzuklären sein, sofern diese im Falle ihrer Verwirklichung die Lebensführung schwer belasten und trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend sind“




ab Risikohäufigkeit:
.........- BGH: 0,5 - 1 %
.........- Brandenburg: 0,7 %
.........- OLG Stuttgart: 0,1 %2

Der rechtliche Kommentar - RA Dr. Oliver Pramann
Der Autor
Prof. Dr. med. Thomas Enzmann,
Klinik für Urologie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel
Der Koautor und Jurist
Dr. Oliver Pramann,
Fachanwalt für Medizinrecht,
Hannover
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Quelle:
1 BGH (1984) NJW: 1397.
2 Parzeller M (2007) Dtsch Arztebl 104(9):A-576.

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