Wissensdrang - Der Uroletter von APOGEPHA
Uro-Onkologie
Therapie des mRCC in Deutschland – eine kleine Umfrage unter Urologen und Uro-Onkologen
Letztes Jahr wurden von APOGEPHA sieben Expertentreffen (Experten wie Sie einer sind!) zu dem Thema Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms (mRCC) initiiert. In diesem Rahmen wurde eine nicht-repräsentative Umfrage durchgeführt. Ziel derselben war es herauszuarbeiten, wodurch die Therapieentscheidungen der Ärzte maßgeblich beeinflusst werden und wer die Behandler des mRCC sind.
Die Behandler
Insgesamt 29 Ärzte der Fachrichtungen Urologie (22) und Onkologie (6) – eine Person machte keine Angaben zu Ihrer Profession – nahmen daran teil. Die befragten Ärzte kamen aus verschiedenen Teilen Deutschlands, wobei die Bundesländer Bayern (7), Berlin (6) und Baden-Württemberg (5) am stärksten vertreten waren. Etwa 2/3 von ihnen praktizieren in städtischen Regionen (66 %) und 1/3 gaben eher ländliche Einzugsgebiete an. Insgesamt 19 von 29 Befragten führten auf, in einer Praxis tätig zu sein, zehn in einer Klinik und fünf sind in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) ansässig (Zweifachnennungen möglich).

Auf die Frage, wie viele mRCC-Patienten jährlich von Ihnen behandelt werden würden, antworteten 16 der 29 Befragten mit: bis zu 20 Personen durchschnittlich. Zehn Ärzte schätzten ca. 21-50 mRCC-Patienten pro Jahr zu therapieren. Nur zwei Ärzte überschlugen die Zahl auf mehr als 50 in demselben Zeitraum. Betrachtet man die Inzidenz der Nierenzellkarzinome mit ca. 14.500 Neuerkrankungen jährlich deutschlandweit1, und geht von ca. 6.000 berufstätigen Urologen2 und weiteren Uro-Onkologen aus, die diese Patienten betreuen, liegt die Schätzung wohl nah an der Realität.
Die Therapie
Die Therapie des mRCC hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Nachdem das RCC lange mit targeted therapies in der Erstlinie behandelt wurde, sind wir seit ca. sieben Jahren im „goldenen Zeitalter“ der Immuntherapie und der Kombination aus beidem angekommen3. Eine Vielzahl an Studien wie die Keynote-4264, die CheckMate-2145, JAVELIN Renal 1016 und die CheckMate-9ER7 zeigen uns, dass die Kombination von Tyrosin-Kinase-Inhibitoren (TKI) mit einem Checkpoint-Inhibitor (CPI) gegen CTLA-4 oder PD-1/PD-L1 in der Erstlinienbehandlung für viele mRCC-Patienten einen Überlebensvorteil bringt.
Diese Vielfalt an Studienergebnissen und Informationen konnten viele der Befragten in ihrer täglichen Praxis sehr gut (55 %) bis gut (28 %) einordnen und umsetzen. Darüber hinaus gab es jedoch auch fünf Stimmen, die sich hier kritisch äußerten und die dynamische Studienlage zur Therapie des mRCC nicht mehr übersichtlich und nicht mehr als vollständig umsetzbar empfinden.
Die klinische Studie Keynote-426, die eine Kombination von Pembrolizumab und Axitinib mit Sunitinib vergleicht, ist bisher die Studie mit dem längsten Follow-up von mRCC-Patienten, die eine Kombi-Therapie erfahren. Nach 42 Monaten ist die progressionsfreie Überlebensrate von Probanden der Pembrolizumab/Axitinib-Behandlungsgruppe mit 25,1 % deutlich höher als die Vergleichsgruppe (10,6 %)8. Daher ist es wenig überraschend, dass diese Kombination im letzten Jahr für beinahe 2/3 der befragten Urologen und Uro-Onkologen der Goldstandard in der Erstlinientherapie des mRCC war.

Auch die CPI-TKI-Kombination von Nivolumab und Cabozantinib, die in der CheckMate-9ER Studie geprüft wird, ist unter den Ärzten (14 %) als valide Kombination bekannt. Die TKI Monotherapie scheint in der Erstlinientherapie ein Auslaufmodell zu sein. Doch auch hier lohnt sich ein genauerer Blick auf die Umfrageergebnisse. Denn 13 von 29 Ärzten schätzen, dass mindestens 10 % der mRCC-Patienten nicht geeignet sind für eine CPI-Therapie. 7 von 29 schätzen diese Zahl auf 11-20 % und vier der Befragten halten sogar bis zu 30 % der Patienten für ungeeignet. Diese mRCC-Erkrankten könnten immer noch von einer TKI Therapie in der Erstlinie profitieren. Die Eignung von Patienten für die Behandlung mit CPI oder TKI kann unter anderem von folgenden Faktoren abhängig gemacht werden : Risikoprofil der Betroffenen, Allgemeinzustand, Alter, PD-L1-Expression und Komorbiditäten. Aber auch die Arzneimittel-Verträglichkeit und nicht zuletzt der Wunsch der Patienten nach oralen Therapeutika sollte bei der Auswahl der Therapie berücksichtigt werden9.
Die Entscheidungskriterien
Aber welche Kriterien sind denn nun für die meisten Ärzte ausschlaggebend für die Auswahl der mRCC-Therapie, mögen Sie sich fragen. Nun, das variiert in unserer Umfrage ebenso wie die Meinungen in Diskussionsrunden und Symposien auseinander gehen. Dennoch zeichnet sich ein Trend in der Gewichtung verschiedener Aspekte ab. In dieser Umfrage wurden die fünf Kriterien Komplettremission, Gesamtansprechrate, Gesamtüberleben (OS), progressionsfreies Überleben (PFS) und Lebensqualität zur Auswahl gestellt, aus denen zwei ausgewählt werden sollten, die nach Meinung der Befragten für sie selbst die Wahl der Therapie am stärksten beeinflussen. Sie sehen, dass für viele Ihrer Kollegen ein hohes OS, die Lebensqualität sowie die Gesamtansprechrate wichtige Bezugspunkte in der Therapiewahl darstellen. Die Frage nach der Einschätzung, was ihrer Meinung nach den mRCC-Patienten wichtig sein dürfte, beantworteten 28 von 29 Befragten fast einstimmig mit der Lebensqualität, gefolgt von einem hohen OS mit 16 Stimmen. Damit liegen die Behandlungsziele und die Ansprüche an die Therapie sowohl auf der Seite der Ärzte als auch bei den Patienten nah beieinander, was den Therapieerfolg nicht selten positiv beeinflusst.
Häufig werden Fälle onkologischer Patienten in Tumorboards vorgestellt, um Patientendaten zu prüfen und Therapiestrategien mit Kollegen der eigenen und anderer medizinischer Fachrichtung (z. B. Radiologen) zu diskutieren. Ziel ist es, aus einer Reihe von Optionen die bestmögliche Versorgung der Patienten herauszuarbeiten. Laut unseren Umfrageergebnissen steht den meisten Ärzten ein Tumorboard zu Verfügung, ca. 50 % können sogar auf eine mRCC-spezifische Expertenrunde zugreifen. Ob der Konsens, der hier gefunden wird, jedoch immer genauso umgesetzt wird, bleibt fraglich. Insgesamt fünf der Befragten gaben an, die Entscheidungen teilweise oder eher nicht umzusetzen. Mit 16 der 29 Ärzten nehmen die meisten die Entscheidungen aus dem Tumorboard mit in Ihre Praxis und therapieren dementsprechend.
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
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Quelle:
1 Krebs in Deutschland für 2017/2018. 13. Ausgabe. RKI und GEKID, Berlin 2021.
2 BÄK-Ärztestatistik 2018.
3 Huang & Hsieh. Seminar in Nephrology 2020, 40(1): 28-41.
4 Rini B.I. et al. N Engl J Med 2019; 380: 1116-1127.
5 Motzer R. J. et al. N Eng J Med 2018; 378: 1277-1290.
6 Haanen J. B. A. G. et al. Abstract No. 4574, ASCO 2021.
7 Choueiri T. K. et al. N Eng J Med 2021; 384: 829-841.
8 Rini B. I. et al. Abstract Nr. 4500, ASCO 2021.
9 Mickisch G. et al. Der Urologe 2020, 59(12): 1504–1511.

Veröffentlicht: 22.02.2022, 07:56 Uhr
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