Wissensdrang - Der Uroletter von APOGEPHA
Funktionelle Urologie
Rezidivierende Harnwegsinfektionen bei postmenopausalen Frauen
Obwohl rezidivierende Harnwegsinfekte (rHWI) Menschen jeden Alters und Geschlechts betreffen, sind postmenopausale Frauen überproportional betroffen.

Zu den allgemeinen bekannten Risikofaktoren kommen bei postmenopausalen Frauen folgende spezifische Risikofaktoren dazu: erhöhter Restharn, positive HWI-Anamnese vor der Menopause, Zystozelenbildung, Harninkontinenz. Aber auch der Geschlechtsverkehr stellt in dieser Patientengruppe noch einen Risikofaktor dar.

Das urogenitale Menopausensyndrom, das Veränderungen im urogenitalen Epithel umfasst, führt zu einer geringeren epithelialen Glykogenproduktion und folglich zu einer geringeren Lactobacillus- und Milchsäureproduktion sowie zu einem erhöhten pH-Wert, wodurch die Vagina anfälliger für Uropathogene und Infektionen wird. Zu den klassischen Symptomen einer Zystitis können bei postmenopausalen Frauen noch weitere Symptome kommen: übler Uringeruch, unvollständige Blasenentleerung, Obstipation und ein veränderter Mental-Status.

Von rHWI wird gesprochen, wenn eine Rezidivrate von ≥ 2 symptomatischen Episoden innerhalb von 6 Monaten oder ≥ 3 symptomatische Episoden innerhalb von 12 Monaten vorliegen.
Diagnostik
Die Diagnostik unterscheidet sich nicht von Frauen in der Prämenopause. Die Bedeutung von Urinteststreifen nimmt jedoch mit höherem Alter ab, da die Aussagekraft aufgrund der steigenden Prävalenz der asymptomatischen Bakteriurie schwindet. Eine Urinkultur und eine einmalige Sonografie sollten jedoch erfolgen. Eine weitere invasive Diagnostik ist nicht notwendig. Auch bei postmenopausalen Frauen ist E. coli mit 80,3 % der häufigste Erreger, bei rezidivierenden Zystitiden zu 72,4 %.

Ein systematisches Screening auf eine asymptomatische Bakteriurie soll auch bei postmenopausalen Frauen nicht durchgeführt werden.
Vorsorgemaßnahmen
Therapeutisch stehen nicht-antibiotische Vorsorgemaßnahmen wie eine lokale Estriolsubstitution mit 0,5 mg/d vor einer antibiotischen Langzeitprävention. Studien aus Skandinavien zeigen weder ein erhöhtes Risiko für Mammakarzinom noch eine Progression. Beim Vorliegen eines gynäkologischen Tumors soll mit dem behandelnden Gynäkologen Rücksprache gehalten werden.

Weitere nicht-antibiotische Vorsorgemaßnahmen wie sie bei prämenopausalen Frauen empfohlen werden, sind bei postmenopausalen nicht so gut untersucht, können jedoch ebenfalls empfohlen werden. Dazu zählen:

Beratung und Verhaltensempfehlung: pflanzenbetonte Kost, regelmäßige sportliche ...Aktivitäten, Trinkverhalten (ca. 1,5 l), zu empfehlen sind Fruchtsäfte aus Beeren
...und mit probiotischen Bakterien fermentierte Milchprodukte
Vermeidung von Unterkühlung
Informationen zum Hygieneverhalten
Immunstimulation mit OM 89, Uro-Vaxom®; StroVac®
Verschiedene Phytotherapeutika
D-Mannose
Auch das Mikrobiom rückt zunehmend in den Fokus als potenzielles Ziel für eine Therapie und Prävention von rHWI. Zusammensetzung und Diversität des Mikrobioms unterscheiden sich zwischen Frauen mit rHWI, akuten HWI und OAB im Vergleich zu asymptomatischen Probanden. Hier ist das Ziel, eine Dysbiose durch Verhaltensänderungen (z. B. Rauchverzicht, gesunde Ernährung) und schonende Hygienepraktiken zu vermeiden.

Im eher experimentellen Stadium befinden sich der fäkale Mikrobiotatransfer (FMT) und die Bakteriophagentherapie. Zum FMT bei rHWI gibt es auch erste Daten/Fallberichte, die eine Reduktion von HWIs und ein verändertes Erregerprofil/erhöhte Diversität zeigen. Allerdings waren die rHWI in diesen Fallberichten nicht die Hauptindikation für die FMT. Bei der Bakteriophagentherapie besteht die Herausforderung, dass patientenindividuelle „Cocktails“ notwendig sind.

Für dieses Jahr hat das EAU Panel „Urological Infections“ die Überarbeitung des Abschnitts „Rezidivierende HWI“ angekündigt.
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Quelle:
[1] Jung & Brubaker, The Etiology and Management of Recurrent Urinary Tract Infections in Postmenopausal Women. Climacteric 2019; 22(3): 242-249
[2] Chwa et al. Evaluation of methenamine for urinary tract infection prevention in older adults: a review of the evidence. Ther Adv Drug Saf. 2019; 10:1-9
[3] Meštrovic et al. The Role of Gut, Vaginal, and Urinary Microbiome in Urinary Tract Infections: From Bench to Bedside. Diagnostics 2021; 11:7
[4] Stallmach et al. Fecal microbiota transfer. Dtsch Ärzteblatt Int 2020; 117(3):31-38
[5] Interdisziplinäre S3 Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Langversion 1.1-2, 2017 AWMF Registernummer: 043/044, https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-44l_S3_Harnwegsinfektionen_2017-05.pdf (Zugriff am: 15.02.2022).
[6] EAU Guidelines on Urological Infections 2021, https://uroweb.org/wp-content/uploads/EAU-Guidelines-on-Urological-infections-2021.pdf, (Zugriff am 15.02.2022).

Veröffentlicht: 22.02.2022, 08:36 Uhr
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