Wissensdrang - Der Uroletter von APOGEPHA
RECHTLICHES
Ein Aufklärungsproblem: Die „IGeL“ kann auch mal „stachlig“ werden!
Ein 43-ig jähriger Normalgewichtiger stellt sich in einer urologischen Praxis wegen Libido- und Potenzproblemen vor. Auszug aus den Behandlungsunterlagen: „Vorstellung in sehr schlechten Allgemeinzustand, fühlt sich extrem schlapp, ausgelaugt, keine Lust mehr morgens aufzustehen, extreme Schlafstörungen, kein Geschlechtsverkehr mehr, weil keine Erektionen bzw. keine ausreichende Erektion. Bittet mich um Beratung, welche Therapiemöglichkeiten es hierzu noch geben würde, er braucht Hilfe, weil so kann er nicht mehr weiterleben, Patient ist verzweifelt“.
Untersuchung und Behandlung
Fragebögen werden vom Patienten ausgefüllt:
IEFF = Internationaler Index der Erektionsfunktion
AMS = Aging male Symptom Scale
10 Punkte
Bewertung: moderate erektile Dysfunktion
51 Punkte
Bewertung: schwere Stärke der Beschwerden
Die körperliche Untersuchung einschließlich der Genitale war unauffällig. Der Testosteronwert war im Normbereich, Dehydroepiandrosteron, Prolaktin und Prolaktin-PEG leicht erhöht. Dies wird alles als „beginnender männlicher Hypogonadismus“ bewertet.

In den Behandlungsunterlagen: „alles besprochen, Laborergebnisse, Untersuchungsergebnisse, wünscht trotzdem eine Testosteronsubstitution, möchte sich wieder fitter und vitaler fühlen […] wünscht sich verbesserte Stimmung und auch noch bessere Libido und Potenz, über Risiko der Therapie gesprochen, auch über Prostatakarzinom und Nebenwirkungen der Therapie, wenn das nicht den gewünschten Effekt bringt, dann MitoEnergy Infusionen und ESWT“. Eine schriftliche Aufklärung, die der Praxisinhaber und der Patient unterschrieben haben, ist nicht durchgeführt worden.

Der Urologe verordnet Testogel® und Nebido® als einmalige Injektion, MitoEnergy Infusionen – hier sollen Mitochondrien wieder „fit“ gemacht werden, und eine ESWT
(= extrakorporale Stoßwellentherapie) auf den Penis.

Die Argumentation des Praxisinhabers zur Vorlage der Krankenkasse für die Kostenübernahme: „bei dieser Befundkonstellation kommt aufgrund unserer umfangreichen Erfahrungen mit über 200 behandelten Patienten als einzig wirklich erfolgversprechende konservative, ambulante Therapiemaßnahme nur die zehnmalige MitoEnergy-Infusion zur Wiederherstellung der mitochondrialen Energiebalance, um somit den chronischen Erschöpfungszustand zu durchbrechen“ […] „außerdem hat sich die Durchführung einer ESWT zwischen 8 und 10 Anwendungen zur Wiederherstellung der Peniskörperelastizität sowie Beseitigung intrakavernöser Fibrosen und Plaqueverkleinerung bewährt“.

Nach der Infusionstherapie und den insgesamt 8 ESWT-Anwendungen zahlt der Patient die Rechnungen nicht. Der Praxisinhaber beauftragt einen Rechtsanwalt, der Patient „rüstet“ auf und nimmt sich auch einen Rechtsanwalt, der die Indikationen der Therapien in Frage stellt. Letztlich wird Klage vom Praxisinhaber beim Amtsgericht erhoben, das den Fall zum Landgericht weiterleitet.
Der Fall geht vor Gericht
Das Landgericht beauftragt einen Sachverständigen, der den Fall so einschätzt:



es fehlt eine Überprüfung der Laborwerte - die Indikation einer Testosterontherapie ist nicht nachvollziehbar, da kein Hypogonadismus vorlag





es ist keine sonographische Untersuchung des Penis durchgeführt worden - es lagen offenbar keine intrakavernösen Fibrosen oder Plaques vor, zumal die körperliche Untersuchung attestierte: „Genitale unauffällig“




die Beeinflussung von Mitochondrienfunktionen wie eine MitoEnergy-Infusion wird beforscht – abschließende Bewertungen stehen aus

die ESWT-Therapie wird von H. Porst1 zusammenfassend bewertet.
Er kommt zum Schluss, dass aufgrund der geringen Anzahl veröffentlichter Studien die Literatur zu den Auswirkungen der ESWT bei Parkinson und zur Rehabilitation des Penis nach einer Beckenoperation derzeit nicht schlüssig ist.

Die Beweisfragen des Landgerichtbeschlusses werden vom Sachverständigen wie folgt beantwortet:

• „medizinisch notwendig“ war die Beratung

• „auf Verlangen“ erfolgten die Infusionstherapien und die ESWT-Therapie.
Der rechtliche Kommentar - RA Dr. Oliver Pramann
Der Autor
Prof. Dr. med. Thomas Enzmann,
Klinik für Urologie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel
Der Koautor und Jurist
Dr. Oliver Pramann,
Fachanwalt für Medizinrecht,
Hannover
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Quelle:
1Porst, H. Review of the Current Status of Low Intensity Extracorporeal Shockwave Therapy (Li-ESWT) in Erectile Dysfunction (ED), Peyronie's Disease (PD), and Sexual

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