Der Fall zeigt deutlich, wie wichtig auch die wirtschaftliche Aufklärung im Rahmen der ärztlichen Behandlung ist. Das Gesetz sieht diesbezüglich in § 630c Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches vor, dass der Behandelnde den Patienten in Textform über die voraussichtliche Höhe der Kosten unterrichten muss, wenn er weiß oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist. Gemeint ist hiermit in der Regel die Krankenversicherung. Es geht davon aus, dass der Patient die Frage der Übernahme von Behandlungskosten in der Regel nicht beurteilen kann, der Behandelnde aber schon. Der Vertragsarzt weiß normalerweise, ob er für die von ihm veranlassten Gebühren eine Vergütung erhält oder nicht.
Wenn der Behandelnde gegen diese wirtschaftliche Aufklärungspflicht verstößt, passiert rechtlich folgendes. Der Patient hat einen Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungspflichtverletzung, den er dem Honoraranspruch des Behandelnden entgegenhalten kann. Im Ergebnis entfällt damit wirtschaftlich der Honoraranspruch. Nur bei Abweichungen der tatsächlichen Summe und der Summe der Aufklärung beschränkt sich der mögliche Differenzbetrag. Wenn der Behandelnde also über Kosten in Höhe von 2.000,00 € aufklärt, tatsächlich aber 5.000,00 € entstehen, wäre der Ersatz mit 3.000,00 € zu bemessen.
Umfasst ist auch der Fall, wenn die Behandlung das Maß des medizinisch Notwendigen überschreitet, wie es im oben beschriebenen Praxisbeispiel dargestellt wurde. Diese Leistungen dürfen unter obigen Gesichtspunkten nur dann abgerechnet werden, wenn der Arzt den Patient hierüber informiert hat. Auch hier liegt es wieder an der positiven Kenntnis der fehlenden Übernahmemöglichkeit durch die Krankenversicherung oder hinreichende Anhaltspunkte.
Der Vertragsarzt darf dem Kassenpatienten auch keine Behandlung als Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) aufdrängen, wenn im Rahmen der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ein identischer Behandlungserfolg erreicht werden kann. Eine privatärztliche Leistung darf auch nicht mit der Begründung angeboten werden, allein diese wäre optimal und ausreichend, wenn die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dem medizinischen Standard entspricht.
Bei privat Versicherten ist die Rechtslage etwas anders. Hier ist die Frage der Kostenübernahme zunächst ausschließlich im Verhältnis Versicherung – Patienten zu regeln. Ausnahmen sind wiederum dann gegeben, wenn der Arzt tatsächlich positiv weiß, dass die private Krankenversicherung oder die Beihilfe die Erstattung der Behandlungskosten verweigern wird oder diese sich problematisch gestaltet. Dies kann z.B. gelten, wenn die private Krankenversicherung dem Arzt gegenüber schon vor dem Beginn der Behandlung Zweifel aufgrund fehlender medizinischer Notwendigkeit geäußert hat.
In der Praxis sind Fälle entschieden worden, wobei z.B. bei einer Ozon-Eigenblut-Transfusion darauf hinzuweisen ist, dass diese regelmäßig nicht ersetzt wird, gleiches gilt für mögliche Kosten naturheilkundlicher Verfahren oder auch bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden. Auch hier ist der Arzt gehalten, den Patienten entsprechend zu informieren.
Quelle: Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 6. Aufl., 2021, A 770 ff. mit weiteren Nachweisen.